Von Schaffnern und Fahrscheinen

Der Mann (und später auch immer mehr die Frau) mit der schwarzen Umhängetasche gehörte zur Straßenbahn wie das Quietschen in den Kurven. “Jemand zugestiegen?” oder “Noch jemand ohne Fahrschein?” hieß es auch in Potsdam schon zu Zeiten der Pferdebahn.

 

Der Schaffner war für den Fahrgast die höchste Instanz an Bord. Er wusste Bescheid über Tickets und Tarife und kannte den Fahrplan aller Linien auswendig. Er war es auch, der  dafür sorgte, dass sich die Gäste nicht an den Türen drängelten und junge Burschen zum Aufstehen zwang, wenn sie der gebrechlichen Großmutter keinen Platz machen wollten. Und er hatte noch viel mehr zu tun: Beiwagen kuppeln, Türgitter umhängen, Abfahrts- oder Notsignale geben und, ach ja, natürlich Fahrscheine verkaufen...

 

Wer irgendwann einmal Fahrer werden wollte, der musste sich von hinten nach vorne durch den gesamten Zug arbeiten. In der Stellung machte es tatsächlich einen Unterschied, ob man Schaffner im Triebwagen oder im letzten Beiwagen war. Erst mit zunehmender Betriebszugehörigkeit, Praxiserfahrung und Einsatzbereitschaft konnte man langsam aufsteigen. Stammbesatzungen mit einem rauen aber herzlichen Ton untereinander, aber auch gegenüber den Fahrgästen waren die Regel.

 

 

Galoppwechsler für Straßenbahn-Schaffner
Galoppwechsler
Schaffnertasche
Schaffnertasche

Die Schaffner_innen werden überflüssig

 

Als Ende der 1950er Jahre des letzten Jahrhunderts, das Personal bei den Verkehrsbetrieben immer spärlicher wurde, musste man sich Gedanken über Maßnahmen machen, die diesen Mangel zu überbrücken halfen. Als erster Schritt wurde am 30. Oktober 1960 der “Z-Betrieb” eingeführt. Die Triebwagen waren damit ab sofort nur noch für Zeitkarteninhaber zu nutzen, allen anderen standen nur noch die Beiwagen zur Verfügung. Während also hinten die Schaffner ihren Dienst weiter versahen wie gehabt, musste auf dem Triebwagen nun der Fahrer die Zeitkarten überprüfen. Dazu mussten die Fahrgäste gesammelt am Fahrer vorbei an der ersten Tür einsteigen. Zum Ausstieg konnten nur die hinteren Türen genutzt werden.

 

Zum 5. Oktober 1962 ging der Verkehrsbetrieb zum  “ZZ-Betrieb” über, was bedeutete, dass nur noch der letzte Beiwagen mit einem Schaffner besetzt war. Doch auch diese Maßnahmen reichten nicht aus, den Personalmangel zu bewältigen.

 

Am 10. Mai 1964 verkehrten erstmals die Wagen der Linie 5 ohne die bisher unabkömmlichen “Kondukteure” und am 7. Juni waren die Schaffnerinnen und Schaffner auch von der Linie 2 verschwunden. Am 7. Oktober 1964 wurde die Linie 1 auf den “OS”-Betrieb, also “ohne Schaffner”, umgestellt und die Linie 4 folgte am 17. Januar 1965. Am 15. August 1965 endete die Ära der Straßenbahn-Schaffner in Potsdam mit der Umstellung der Linie 3.

 

Von alten Potsdamern hört man immer wieder von "Trudchen" - dieser gestrenge Herr war Potsdams berühmtester Schaffner. Er wechselte in die Wagenwäsche, wie viele der insgesamt 210 "für andere Aufgaben freigesetzten" Kollegen. Andere durften endlich die Straßenbahn selbst fahren. 

Zahlbox der Potsdamer Straßenbahn
Zahlbox der Potsdamer Straßenbahn
Fahrscheinrolle einer Zahlbox
Fahrscheinrolle einer Zahlbox

Hinweisschild für Zahlboxbetrieb
Hinweisschild für Zahlboxbetrieb

Ohne Schaffner aber mit Hosenknöpfen

 

Und nun? Ganz einfach - der Fahrgast war ab sofort verpflichtet, sein Fahrgeld in eine Zahlbox zu werfen und sich einen Fahrschein abzureißen. Ein großes Sichtfenster ließ alle umstehenden Personen an dem Einwurf teilhaben, was verhindern sollte, dass jemand etwas anderes als Geld hinein warf. Trotz des geringen Fahrpreises von 20 Pfennig, konnte man aber in schöner Regelmäßigkeit auch Knöpfe oder Unterlegscheiben in den Zahlboxen ausfindig machen.

 

Auch die Zahlbox hat ausgedient

 

Ende der 1970er Jahre führte man in den Nahverkehrsbetrieben der DDR die bargeldlose Abfertigung ein. Die Straßenbahnen wurden nun mit kleinen Entwertern ausgestattet und die Fahrscheine mussten im Vorverkauf erworben werden.

Gelangten ab 28. Mai 1978 zunächst Stempelentwerter zum Einsatz, ging man Mitte der 1980er Jahre zum viel einfacher zu wartenden Lochentwerter über. Bis zum 15. September 1985 waren alle Straßenbahnen mit diesen Entwertern ausgerüstet.

 

Infobroschüre Einführung Entwerter
Infobroschüre zur Einführung der Entwerter von 1978
Infobroschüre Einführung Entwerter

Fahrkartenverkauf
Verkaufstellenhinweis
Lochentwerter der 1980er Jahre
Lochentwerter der 80er Jahre

Moderne Technik

 

 

Mit der politischen Wende hielten in Potsdam Fahrkartenautomaten und moderne Stempelentwerter Einzug.

Auch hiervon hat der Fahrgast inzwischen verschiedene Varianten kennen gelernt.

Fahrscheine der Potsdamer Straßenbahn

1880 bis 1904 - Potsdamer Straßenbahn Gesellschaft // Pferdebahn

historische - heutige Bezeichnung

 

Straßen

(Am) Knie - Berliner Str. / Mangerstr.

Nauener Str. - Friedrich-Ebert-Straße

Victoriastraße - Geschw.-Scholl-Str.

Weißenburger Str. - Ludwig-Richter-Str.

Wilhelmplatz - Platz der Einheit

 

Kasernen

Husaren - Otto-Nagel-Straße

Garde du Corps - Schiffbauergasse

 

Brücken

Berliner - Am Kanal / Burgstr.

Nauener - Am Kanal / Friederich-Ebert-Str.

 

Weichen

Depotweiche - Fritz-Rumpf-Str.

 

 


1904 bis 1934 - Städtische Straßenbahn Potsdam // Elektrische Straßenbahn

1934 bis 1939 - Stadtwerke Potsdam, Abt. Straßenbahn // Elektrische Straßenbahn

1939 bis 1945 - Stadtwerke Potsdam, Abt. Verkehrsbetriebe // Straßenbahn und Stadtbusse

1945 - 1949 - Elektrische Straßenbahn (Nachkriegszeit)

1949 - 1989 - Elektrische Straßenbahn (DDR-Zeit)

ab 1989 - Elektrische Straßenbahn

Sonderfahrscheine