Gotha Gelenkwagen G4 in Potsdam

Im Jahre 1961 kamen erstmals Gelenkwagen nach Potsdam. Die zwei Fahrzeuge des Typs G4-61 sollten die Vorläufer sein für insgesamt 20 Fahrzeuge (161-180) und stellten gleichzeitig eine neue Ära im DDR-Waggonbau dar. Erstmals produzierte die Waggonfabrik Gotha Gelenkwagen in großem Stil.

Fahrzeuggeschichte

Bereits Mitte der 50er Jahre wurde klar, dass das Fahrgastaufkommen in der DDR mit den vorhandenen Fahrzeugen nicht mehr zu bewältigen war. Man begann nach Möglichkeiten zu suchen, mehr Passagiere in einem Fahrzeug unterzubringen. Dabei standen zwei Varianten zur Auswahl: erstens der Bau von Großraumwagen und zweitens die Gelenkwagen. Beide Bauweisen waren prinzipiell nichts Neues, doch hatte die DDR beides bisher nicht in Serien umgesetzt

 

1958 stellten die Waggonfabriken in Gotha und Ammendorf ihren Großraumwagen vor und bereits ein Jahr später folgte der Prototyp des Gelenkwagens G4. Die Verkehrsbetriebe der Stadt Erfurt waren die treibende Kraft bei der Entwicklung dieses neuartigen Wagens. Als Grundform diente der seit 1957 in Serie produzierten Zweiachser vom Typ T-57/B-57, was eine preiswerte Produktion ermöglichte. Ende September 1959 war der Prototyp fertig gestellt und wurde in Erfurt unter der Nummer 151 erprobt. Das Fahrzeug, welches eigentlich museal erhalten werden sollte, ging nach einer Brandstiftung im August 1982 verloren.

 

Auch die Verkehrsbetriebe in Dresden hatten großes Interesse an einem Gelenkfahrzeug und bestellten bei der Waggonfabrik Gotha einen Wagen des Typs G4. 1960 kam er als 2500 nach Dresden, wo man den Wagen erprobte. Während Dresden mit seinem Fahrzeug unzufrieden war, begann man in Erfurt mit der Erprobung der Nullserie. 1961 erreichten die Wagen 152 und 153 Erfurt. Noch im gleichen Jahr begann man mit der Serienproduktion des nun als G4-61 bezeichneten Wagens.

 

Nach zahlreichen Änderungen an der Konstruktion des Wagens, wurde 1965 eine neue Zeichnung angefertigt. Alle danach gebauten Fahrzeuge erhielten von nun an die Bezeichnung G4-65. Insgesamt stellte die Waggonfabrik Gotha 218 dieser Wagen für die DDR her (119 G4-61 und 99 G4-65) und ca. 100 Fahrzeuge wurden für die UdSSR produziert (Tallinn 200-249, G4-61 und Lwow 6/701-6/750, G4-65). Nur sieben DDR-Betriebe erhielten neue Wagen dieses Typs, darunter auch Potsdam.

Gotha-Gelenkwagen in der Lackierung der 1970er und 1980er Jahre
Gotha-Gelenkwagen in der Lackierung der 1970er und 1980er Jahre | (C) Robert Leichsenring
Gotha-Gelenkwagen in rot-weiß
Gotha-Gelenkwagen in der Lackierungsvariante ab 1987 | (C) Robert Leichsenring

Technische Daten

Wagenkastenlänge

Wagenkastenbreite

Wagenkastenhöhe

Sitzplätze

Motorleistung

Höchstgeschwindigkeit

Leergewicht

20938 mm

2200 mm

3105 mm

36 (Potsdam 177 heute nur noch 35)

2 * 60 kW

50 km/h

20.9 t


Fahrzeugaufbau

Bei dem Fahrzeug handelt es sich um einen dreiteiligen Gelenkwagen mit einem schwebenden Mittelteil, der so genannten “Sänfte”. Die beiden Endwagen ruhen auf zweiachsigen Fahrgestellen, wie sie schon bei den Gotha-Zweiachsern zur Anwendung kamen.

 

Zwar entsprechen die Endwagen im großen und ganzen den Gotha-Zweiachsern, weisen aber auch einige Unterschiede auf. So entspricht die Türkonstruktion der des Großraumwagens-Prototyps der Waggonfabrik Gotha. Alle Türen sind als Falttüren ausgeführt, wobei die erste nur eine halbe Tür ist. Alle Türen waren erstmals vollautomatisch vom Fahrer zu bedienen.

 

Gänzlich unterschiedlich zu den Gotha-Zweiachsern ist die elektrische Ausrüstung. Der VEB LEW Hennigsdorf hatte speziell für diesen neuen Wagentyp einen Unterflurfahrschalter entwickelt, der mit einem Autolenkrad bedient wird.

 

Die Wagen des Typs G4-65 unterscheiden sich von den G4-61 vor allem durch die vergrößereten Räder (785 statt 760 mm) und die fehlenden Alu-Zierstreifen.

Der G4 in Potsdam

Potsdam erhielt bereits im ersten Lieferjahr zwei Wagen von der Waggonfabrik Gotha. Es waren dies die Wagen 161 und 162. Bis 1964 wurden die Fahrzeuge 163 bis 167 ausgeliefert. Damit hatte Potsdam sieben Wagen des Typs G4-61 im Einsatz. Keines dieser Fahrzeuge hat bis heute überlebt. 161 ging bereits 1972 nach Rostock, wo er als Wagen Nr. 8 bis 1994 im Einsatz war und dann verschrottet wurde. Die anderen Fahrzeuge wurden 1977 abgestellt und bis 1980 alle verschrottet.

 

Die ersten Wagen des Typs G4-65 bekam Potsdam im Jahre 1965. Hierbei handelte es sich um die fahrzeuge mit den Nummern 168 bis 170. 1967 gab es dann die letzte Neulieferung dieses Fahrzeugtyps, die Wagen 171 bis 180. Wagen 168 und 169 wurden 1980 verschrottet und auch 172 und 176 hatten kein langes Leben - sie erlitten 1978 einen Unfall und wurden 1979 verschrottet. Alle anderen Wagen blieben bis Ende der 1980er Jahre im Einsatz. Vier Wagen wurden ab 1987 mit einer, den Tatra-Wagen angepassten rot-weißen Lackierung versehen. Darunter war auch der Wagen 186. Er war 1984 zusammen mit fünf anderen Gelenkwagen, sowie acht Gotha-Beiwagen von den Verkehrsbetrieben in Leipzig gekommen. Der Zustand der Wagen war jedoch derart schlecht, dass sich die ohnehin schon überlastete Werkstatt entscheid, nur den Wagen 186 (ex Leipzig 1203) aufzuarbeiten. Auch vier Beiwagen gingen in den Potsdamer Einsatz.  

 

 

Die Übernahme von Berliner KT4D in den Jahren 1989/90, machte den Einsatz der G4-Gelenkwagen in Potsdam überflüssig. Am 10.03.1990 fuhr der Wagen 186 und sein ewiger Beiwagen 271 mit Trauerflor die letzte Linienfahrt eines Gotha-Gelenkwagens auf der Linie 4.  Im November 1991 fiel der Letzte G4-65 dem Schneidbrenner zum Opfer. Der Verkehrsbetrieb Potsdam hatte sich allerdings vorher dazu entschieden, den Wagen 177 museal zu erhalten.

Bildergalerie

Fahrzeugliste

Wagennr. Baujahr  Typ Bemerkung
       
161 1961 G4-61  1972 nach Rostock 8
162 1961 G4-61  1977 verschrottet
163 1963 G4-61  1977 verschrottet
164 1963 G4-61  1977 verschrottet
165 1964 G4-61  1977 a, 1980 verschrottet
166 1964 G4-61  1977 a, 1980 verschrottet
167 1964 G4-61  1977 a, 1980 verschrottet
168 1965 G4-65  1978 a, 1980 verschrottet
169 1965 G4-65  1978 a, 1980 verschrottet
170 1965 G4-65  1989 verschrottet
171 1967 G4-65  1989 verschrottet
172 1967 G4-65  1978 Unfall, 1979 verschrottet
173 1967 G4-65  1991 verschrottet
174 1967 G4-65  1991 verschrottet
175 1967 G4-65  1991 verschrottet
176 1967 G4-65  1978 Unfall, 1979 verschrottet
177 1967 G4-65  seit 1990 HTW
178 1967 G4-65  1990 verschrottet
179 1967 G4-65  A-Teil 1990 nach Rostock 5, Rest 1990 verschrottet
180 1967 G4-65  1986 zu Fahrschule, 1989 verschrottet
181 1963 G4-61  1984 ex Leipzig 1125, kein Einsatz, 1989 verschrottet
182 1964 G4-61  1984 ex Leipzig 1148, kein Einsatz, 1989 verschrottet
183 1964 G4-61  1984 ex Leipzig 1166, kein Einsatz, 1989 verschrottet
184 1965 G4-65  1984 ex Leipzig 1169, kein Einsatz, 1989 verschrottet
185 1965 G4-65  1984 ex Leipzig 1179, kein Einsatz, 1989 verschrottet
186 1965 G4-65  1984 ex Leipzig 1203, 1991 verschrottet