Wagen der II. Generation

Mitte der 1920er Jahre des letzten Jahrhunderts war der Bedarf an Straßenbahnwagen so gestiegen, dass sich die Potsdamer Verkehrsbetriebe nach neuen Fahrzeugen umsahen. Hinzu kam, dass  Planungen zu verschiedenen Netzerweiterungen (Strecke nach Caputh und zum Bahnhof Rehbrücke) soweit gediehen waren, dass einer Realisierung scheinbar nichts im Wege stand.

Fahrzeuggeschichte

Wieder war es die 1823 gegründete Waggonfabrik von Gottfried Lindner in Ammendorf, die die zweite Generation von Potsdamer Straßenbahnwagen ausliefern sollte. Wichtigster Anspruch an die neuen Wagen war, dass sie eine wesentlich größere Zahl von Fahrgästen aufnehmen sollten, als die bisherigen Fahrzeuge. Dazu beschaffte man 1926 drei Versuchstriebwagen, die die Nummern 30 (in Fortsetzung des alten Nummernschemas), 81 und 82 (gänzlich neues Schema) erhielten. Hinzu kamen sieben baugleiche Beiwagen (Nr. 91 – 97).

 

Die vierfenstrigen Wagen waren 10,3 Meter lang (im Gegensatz zu den 8,4 Metern der ersten Generation) und verfügten über gänzlich geschlossene Plattformen. Besonders für die steigungsreiche Linie 5 zum Schützenhaus hatte man eine selbsttätige Abreißbremse konstruiert, die abgetrennten und führerlosen Beiwagen zum Stillstand bringen sollte.

Neben den langen Plattformen verfügten die Wagen über Schiebetüren, Rolljalousien, ledergepolsterte Längs- und Quersitze und Fenstertische. Charakteristisch waren das Schleppdach und der Scherenstromabnehmer, der sich nun auch in Potsdam durchsetzte.

 

1927 und 1928 lieferte Lindner jeweils zwei weitere Triebwagen (83 und 84 bzw. 85 und 86). Zehn Beiwagen wurden ebenfalls 1928 erworben, sie bekamen die Nummern 71 bis 80.  1934 wurde der Einkauf fortgesetzt, nun stammten die Wagen allerdings nicht mehr von der Waggonfabrik Lindner sondern kamen von der Christoph & Unmack AG aus Niesky. Während das Fahrgestell bei den Wagen der ersten Serien (1926 und 1927/28) noch genietet war, hatte man dieses bei der 1934er-Serie schon geschweißt. Insgesamt kamen noch einmal sieben Triebwagen nach Potsdam. Beiwagen wurden in Niesky nicht mehr bestellt.

 

Die Wagen von 1934 verstärkten den Wagenpark für die Eröffnung der Linie nach Rehbrücke. Bis auf Triebwagen 109 und Beiwagen 77, die am 14. April 1945 in der Wagenhalle standen, überstanden alle Triebwagen dieser Baureihe die Bombennacht. In weiser Voraussicht hatte man die Wagen auf der Strecke nach Rehbrücke unter Bäumen abgestellt.

 

Entwicklung nach dem Krieg  

 

Bis zum Ende der 1940er Jahre waren bis auf den völlig zerstörten Triebwagen 109 alle Wagen wieder hergerichtet. Noch bis 1950 waren die Wagen der Potsdamer Straßenbahn mit der charakteristischen Kakao-Lackierung versehen. Ab diesem Jahr ging man dann auf das standardmäßige Elfenbein mit roten Zierstreifen über, mit dem die neuen Wagen der Waggonfabrik Werdau (siehe ET 50 bzw. 54) ausgeliefert wurden.

 

In den 1960er Jahren begann die schrittweise Ausmusterung der Wagen der Serie aus den 1920er Jahren. Interessant ist dabei, dass die drei ältesten Wagen noch bis 1971 im regulären Einsatz standen (Wagen 30 dabei als ATW 111). Die Wagen  110, 112, 113 und 114 standen bis Ende der 1970er Jahre als Arbeitswagen im Einsatz. Leider wurde die Chance versäumt einen dieser, für Potsdam so charakteristischen Wagen zu erhalten.

Technische Daten

Wagenkastenlänge

Wagenkastenbreite

Wagenkastenhöhe

Sitzplätze

Motorleistung

 

Leergewicht

10700 mm

2150 mm

3410 mm

24

2*34 KW (Serie 1926-1928)

45 kW (Serie 1934)

11.9 t


Fahrzeugliste Triebwagen

Wagennr. Baujahr Hersteller Bemerkung
       
30 1926 Waggonfabrik Lindner 1934 in 101
81 1926 Waggonfabrik Lindner 1934 in 102
82 1926 Waggonfabrik Lindner 1934 in 103
83 1927 Waggonfabrik Lindner 1934 in 104
84 1927 Waggonfabrik Lindner 1934 in 105
85 1928 Waggonfabrik Lindner 1934 in 106
86 1928 Waggonfabrik Lindner 1934 in 107
101 1926 Waggonfabrik Lindner 1934 ex 30, 1959 in 111 II
102 1926 Waggonfabrik Lindner 1934 ex 81, 1959 in 112 II
103 1926 Waggonfabrik Lindner 1934 ex 82, 1959 in 113 II
104 1927 Waggonfabrik Lindner 1934 ex 83, 1959 in 114 II
105 1927 Waggonfabrik Lindner 1934 ex 84, 1959 in 115
106 1928 Waggonfabrik Lindner 1934 ex 85, 1959 in 116
107 1928 Waggonfabrik Lindner 1934 ex 86, 1959 in 117
108 1934 Waggonfabrik Unmack 1959 in 118
109 1934 Waggonfabrik Unmack Kriegsverlust
109 II 1934 Waggonfabrik Unmack 1956 ex 114, 1959 in 119
110 1934 Waggonfabrik Unmack 1959 in 120
111 1934 Waggonfabrik Unmack 1959 in 121
111 II 1926 Waggonfabrik Lindner 1959 ex 101, 1966 in ATW 111
112 1934 Waggonfabrik Unmack 1959 in 122
112 II 1926 Waggonfabrik Lindner 1959 ex 102, 1965 nach Strausberg
113 1934 Waggonfabrik Unmack 1959 in 123
113 II 1927 Waggonfabrik Lindner 1959 ex 103, 1965 verschrottet
114 1934 Waggonfabrik Unmack 1956 in 109 II
114 II 1927 Waggonfabrik Lindner 1959 ex 104, 1965 verschrottet
115 1928 Waggonfabrik Lindner 1959 ex 105, 1965/67 verschrottet
116 1928 Waggonfabrik Lindner 1959 ex 106, 1966 nach Unfall verschrottet
117 1928 Waggonfabrik Lindner 1959 ex 107, 1962 verschrottet
118 1934 Waggonfabrik Unmack 1959 ex 108, 1971 verschrottet
119 1934 Waggonfabrik Unmack 1959 ex 109II, 1971 in ATW 301
120 1934 Waggonfabrik Unmack 1959 ex 110, 1964 Umbau ER, 1971 in ATW 303
121 1934 Waggonfabrik Unmack 1959 ex 111, 1964 Umbau ER, 1971 verschrottet
122 1934 Waggonfabrik Unmack 1959 ex 112, 1971 in ATW 304
123 1934 Waggonfabrik Unmack 1959 ex 113, 1971 in ATW 302
     

Fahrzeugliste Beiwagen

Wagennr. Baujahr Hersteller Bemerkung
       
60 1928 Waggonfabrik Lindner 1950 ex 76, 1959 in 201
61 1928 Waggonfabrik Lindner 1950 ex 78, 1959 in 202
62 1928 Waggonfabrik Lindner 1950 ex 79, 1959 in 203
63 1928 Waggonfabrik Lindner 1950 ex 80, 1959 in 204
64 1926 Waggonfabrik Lindner 1950 ex 91, 1959 in 205
65 1926 Waggonfabrik Lindner 1950 ex 92, 1959 in 206
66 1926 Waggonfabrik Lindner 1950 ex 93, 1959 in 207
67 1926 Waggonfabrik Lindner 1950 ex 94, 1959 in 208
68 1926 Waggonfabrik Lindner 1950 ex 95, 1959 in 209
69 1926 Waggonfabrik Lindner 1950 ex 96, 1959 in 210
70 1926 Waggonfabrik Lindner 1950 ex 97, 1959 in 211
71 1928 Waggonfabrik Lindner 1959 in 212
72 1928 Waggonfabrik Lindner 1959 in 213
73 1928 Waggonfabrik Lindner 1959 in 214
74 1928 Waggonfabrik Lindner 1959 in 215
75 1928 Waggonfabrik Lindner 1959 in 216
76 1928 Waggonfabrik Lindner 1950 in 60
77 1928 Waggonfabrik Lindner Kriegsverlust
78 1928 Waggonfabrik Lindner 1950 in 61
79 1928 Waggonfabrik Lindner 1950 in 62
80 1928 Waggonfabrik Lindner 1950 in 63
91 1928 Waggonfabrik Lindner 1950 in 64
92 1928 Waggonfabrik Lindner 1950 in 65
93 1928 Waggonfabrik Lindner 1950 in 66
94 1928 Waggonfabrik Lindner 1950 in 67
95 1928 Waggonfabrik Lindner 1950 in 68
96 1928 Waggonfabrik Lindner 1950 in 69
97 1928 Waggonfabrik Lindner 1950 in 70
201 1928 Waggonfabrik Lindner 1959 ex 60, 1959 a
202 1928 Waggonfabrik Lindner 1959 ex 61, 1967/68 a
203 1928 Waggonfabrik Lindner 1959 ex 62, 1971/74 a
204 1928 Waggonfabrik Lindner 1959 ex 63, 1971/74 a
205 1926 Waggonfabrik Lindner 1959 ex 64, 1967/68 a
206 1926 Waggonfabrik Lindner 1959 ex 65, 1967/68 a
207 1926 Waggonfabrik Lindner 1959 ex 66, 1967/68 a
208 1926 Waggonfabrik Lindner 1959 ex 67, 1971/74 a
209 1926 Waggonfabrik Lindner 1959 ex 68, 1967/68 a
210 1926 Waggonfabrik Lindner 1959 ex 69, 1971/74 a
211 1926 Waggonfabrik Lindner 1959 ex 70, 1971/74 a
212 1928 Waggonfabrik Lindner 1959 ex 71, 1971/74 a
213 1928 Waggonfabrik Lindner 1959 ex 72, 1967/68 a
214 1928 Waggonfabrik Lindner 1959 ex 73, 1967/68 a
215 1928 Waggonfabrik Lindner 1959 ex 74, 1967/68 a,
Verkauf als Lagerraum nach Rehbrücke
216 1928 Waggonfabrik Lindner 1959 ex 75, 1967/68 a